Thomas Eschment
Das Märchen von der Positionierung
Jeder kennt den Begriff "Positionierung". Und 90 % verstehen ihn falsch.
1 Die Pippi-Langstrumpf-Falle
2 x 3 macht 4, Widdewiddewitt und Drei macht Neune
Ich mach' mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt ....
Gestatte, dass ich gleich mit der Tür ins Haus falle: Aber Positionierung bedeutet NIE, etwas zu konstruieren, die Braut quasi schön zu machen in der Hoffnung, der Schein möge zu deinen Gunsten trügen. Dieser Ansatz macht dir zuverlässig alles kaputt! Weil irgendwann der Schleier gelüftet wird. Dann solltest du besser nicht in Erklärungsnot kommen.
Position bedeutet zu aller erst einmal Orientierung.
Erstens für dich selbst. Zweitens für deine Kunden. Beides ist untrennbar! Und beides setzt voraus, dass du ehrlich und authentisch bist. Das ist nicht sehr spektakulär, ich weiß. Aber dieser kleine Umstand wird dir nachhaltig nützlich sein!
Wenn du bei Google den Suchbegriff „authentisch“ eingibst, erhältst du mehr als 10 Millionen Treffer. Vor drei Jahren waren es gerade mal 1,1 Millionen. Dieser Anstieg zeigt (unter anderem) dass die Sehnsucht danach scheinbar sehr groß ist.
Und es legt nahe, dass deine Kunden darauf Wert legen. Was selbstverständlich auch bedeutet, dass sie dich abstrafen, wenn du diesen Wunsch nicht erfüllst.
Davor kannst du dich schützen, wenn du es wie Konrad Adenauer hältst. Der sagte einmal:
„Wer immer die Wahrheit sagt, kann sich ein schlechtes Gewissen leisten.“
Und das bringt uns zum Kern der Sache.
Denn der etymologische Begriff ist sehr zielführend: Authentizität leitet sich vom Griechischen authentikós ab. „Autos“ bedeutet selbst. „Ontos“ bedeutet sein.
Die Frage einer erfolgreichen Positionierung beginnt also nicht mit dem Entwurf einer hochtrabenden Firmenphilosophie.
Sie beginnt bei dir.
Wer bist du? Und für wen?
Liest sich locker. Ist aber der Stolperstein schlechthin. Denn hier wird am meisten geschludert. Nicht selten deswegen, weil man für seine Identität grade einfach keine Zeit hat. Oft auch, weil man glaubt, sooo tief muss man ja nun auch nicht graben und gleich alles hinterfragen. Oder - und das ist der Grund für die meisten! - weil es ja eh keiner merkt.
Egal in welche Kategorie du gehörst: Lehn dich zurück. Ganz entspannt.
Und dann ruf dir ein, zwei Situationen vor dein geistiges Auge, in denen du dich vehement GEGEN etwas entschieden hast.
Bei mir ist das sehr einfach: Immer wenn ich das Gefühl hatte, dass sich etwas komisch anfühlt, bin ich ausgestiegen. Manchmal früher, manchmal später - aber irgendwann sicher.
Und es hatte IMMER etwas mit einer Person zu tun!
Da drängt sich die Logik auf, dass ohne die Wahrscheinlichkeit der Wahrheit keine Marke entsteht. Und die Erkenntnis, dass es am Ende eben doch jeder merkt, wenn du trickst!
2 Irgendwas mit Emotion
NeuroMarketing avanciert zum Modewort. Das macht es an sich schon verdächtig. Aber der Hype um die Wahrnehmungs- und Gehirnforschung hat auch mich erfasst. Denn die Aussicht auf direkte Einflussnahme einer erwünschten Handlung beim Kunden ist nachvollziehbar verlockend. Dabei hat sich hartnäckig die Meinung verdichtet, wir müssten nur einfach massig auf Emotion machen, dann ergibt sich alles.
Die gute Nachricht: ohne Emotion entscheiden wir nichts. Null komma Null. Es spricht also vieles dafür, dieses Konzept in deinen Markenkern einzubinden.
Die weniger gute: Der Einsatz auf nur ein einziges Pferd (also ab sofort volle Konzentration auf Emotion) hat schon manchen in arge Bedrängnis gebracht.
Nachhaltig wird es nämlich erst, wenn du implizite (unterbewusste) und explizite (bewusste) Wahrnehmung schlau verknüpfst. Die Betonung liegt auf schlau.
Denn jetzt geht es ans Eingemachte. Du musst - wie der Rest der Unternehmenswelt - einzigartig, unverwechselbar und eindeutig sein.
Also eine Position einnehmen, die in dieser Form möglichst kein anderes Unternehmen beansprucht.
Hier lauert die nächste Falle: Man verliert sich in den Dingen!